Leipziger Synagogalchor 2022 © Anne Hornemann | zur StartseiteLeipziger Synagogalchor 2023 © Nikolai Schmidt | zur StartseiteLeipziger Synagogalchor 2023 © Nikolai Schmidt | zur Startseite
 

Samuel Lampel auf CD

Am 23. Juni 2023 ist unsere neue CD weltweit im Handel erschienen. "SAMUEL LAMPEL: Abendgebet für Schabbat (Leipzig 1928)" wurde in der Leipziger Thomaskirche aufgenommen und beim Leipziger Label Rondeau produziert.
 

Lampel CD Cover 2


Die CD dokumentiert einen bislang weithin unbekannten Teil Leipziger Musikgeschichte: Lampel, von 1914 bis 1938 Kantor an der liberalen Großen Gemeindesynagoge in der Leipziger Gottschedstraße, hatte 1928 im Verlag M. W. Kauffmann den Notenband "Kol Sch'muel [Die Stimme Samuels]" publiziert, der 57 liturgische Kompositionen und Bearbeitungen für gemischten Chor, Kantor und Orgel enthält.

Aus diesen Werken haben wir zusammen mit Kantor Assaf Levitin den für den Schabbat-Gottesdienst bestimmten Teil ausgewählt, 19 Stücke vom einleitenden "Mah tauwu" bis zum Ausgangslied "Adaun aulom", darunter das beschwingte Strophenlied "L'cho daudi" zum Empfang des Schabbats, dramatische Psalmvertonungen, einstimmige Gemeindegesänge und eindringliche Gebete. Lampels Werke betten sich auf dem traditionellen Ritus, wagen aber auch Ausbrüche in die Moderne, die von seiner kompositorischen Ambition und seinem musikalischen Können zeugen. Die Texte wurden im Original belassen, sie sind in der zeitgenössischen lokalen Form des aschkenasischen Hebräisch zu hören. Den Schluss bildet Lampels berührender deutscher "Segen", der ebenfalls aus dem Notenband stammt und mit dem wir oftmals unsere Konzerte beenden. 

Assaf Levitin, Chasan der Hamburger Reformsynagoge, hat den umfangreichen Kantorenpart übernommen. Die Sauer-Orgel der Thomaskirche spielt Ivo Mrvelj, Assistenzorganist der Thomaskirche. Über ein von der Firma Sauer eingerichtetes Instrument verfügte einst auch Lampels Wirkungsstätte, die Synagoge in der Gottschedstraße, die nur wenige Meter von der Thomaskirche entfernt stand und an die heute ein Denkmal erinnert. Samuel Lampel hat die Schoah nicht überlebt, 1942 wurde er "gen Osten" deportiert. Seine Werke gerieten in Vergessenheit, abgesehen von wenigen Aufführungen einzelner Stücke insbesondere durch den Leipziger Synagogalchor. Mit der CD, die sein Schaffen ehrt, verleihen wir der "Stimme Samuels" neue Kraft und neuen Klang.

 

SAMUEL LAMPEL Abendgebet für Schabbat (Leipzig 1928)
Assaf Levitin, Bassbariton
Ivo Mrvelj, Orgel
Leipziger Synagogalchor
Leitung: Philipp Goldmann 


Booklet: Deutsch, Englisch mit einführenden Texten von Dr. Thomas Schinköth und Assaf Levitin, Abbildungen und Werktexten
Gesamtspielzeit: 62:59

Rondeau Production GmbH, CD ROP6250

 

Hörbeispiele (externer Link zu jpc.de)

 

Über Samuel Lampel

Samuel Lampel wurde am 3. Februar 1884 in Berlin geboren, er wuchs bei Pflegeeltern im Berliner Scheunenviertel auf. Ein Wohltätigkeitsverein förderte 1895 seine Aufnahme in die Israelitische Erziehungs-Anstalt Ahlem bei Hannover. Nach dem Schulbesuch und einer Ausbildung am Lehrerseminar war Lampel von 1904 bis 1914 als Lehrer in Ahlem tätig, wo er auch den Schulchor leitete. Sein musikalischer Mentor wurde der Kantor der Synagogengemeinde Hannover, Musikpädagoge und Komponist Alfred Rose (1855–1919), der Lampels erste Kompositionen anregte.

1914 erhielt Lampel in Leipzig eine Anstellung als Musiklehrer an der Höheren Israelitischen Schule (Ephraim-Carlebach-Schule) und als Kantor an der liberalen Großen Gemeindesynagoge in der Gottschedstraße. 1920 wurde er zum Hauptkantor und 1927 zum Oberkantor berufen. Einen Teil seiner Kompositionen, eine Sammlung von 57 liturgischen Gesängen für Kantor, gemischten Chor und Orgel, gab er 1928 unter dem Titel Kol Sch’muel („Die Stimme Samuels“) heraus. Zusammen mit dem Chorleiter Barnet Licht (1874–1951) und dem zweiten Kantor Max Jaffé (1887‒1942) organisierte Lampel Führungen, Vorträge und Konzerte in der Synagoge. Von etwa 1926 an gestaltete er für die Mitteldeutsche Rundfunk AG (MIRAG) Sendungen mit Synagogenmusik. Im Gemeindeblatt der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig wurden einige seiner sendungsbegleitenden Artikel abgedruckt.

Nach der Zerstörung der Großen Gemeindesynagoge im November 1938 wirkte Lampel bis Juni 1942 als Kantor und ‒ nach der Verhaftung resp. Flucht der Gemeinderabbiner ‒ auch als Rabbiner an der im April 1939 neu geweihten Brodyer Synagoge in der Keilstraße, die als Teil eines Wohnhauses erhalten geblieben war. Bis Ende Juni 1942 unterrichtete er auch an der Carlebach-Schule.

Am 13. Juli 1942 wurden Samuel Lampel und seine Frau Rosa mit etwa 170 weiteren Leipziger Juden „nach Osten“ deportiert. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt, vermutlich wurden sie in Auschwitz ermordet.